Dienstag, 7. November — Farnern – Schwengimatt – Oensingen —- Tagesbericht: Theo
Morgens um sieben Uhr leuchtet die Sichel des Mondes am fast klaren Himmel. In Zürich finden auch wir 17 Wanderfreunde noch einen Platz im dicht besetzten ICE-Zug Richtung Lausanne. Draussen zieht die Landschaft vorbei, im Licht der aufgehenden Sonne. Aber die erste Jurakette ist in Nebel gehüllt.
In Oensingen steigen wir etwas verspätet mit jugendlichem Schwung innert zwei Minuten auf den Regionalzug um, dann in Wiedlisbach schon wieder aus. Hier nutzt Fredi die gute Viertelstunde Aufenthalt, um uns das historische Städtchen zu zeigen. Geheimtipp: Die Bahnhofpassage führt direkt durch das Gemeindehaus. Obwohl extra ein separater Briefkasten dafür bereitsteht, will hier niemand von uns seine Steuererklärung abgeben. Wir reisen weiter mit dem Postauto bergauf bis Farnern, auf etwa 800 m. ü. Meer.
Um neun Uhr nehmen wir ohne Verzug den Weg unter die Füsse. Das örtliche Restaurant hätte zwar jeweils am Dienstag für den Startkaffee offen, ist aber diese Woche geschlossen. Wir steigen flott weiter und kommen beim Stierenberg in die Nebeldecke. Eine detaillierte Tafel des sagenhaften Alpenpanoramas zeigt jede der unzähligen Bergspitzen mit Namen. Obwohl wir die Tafel eingehend studieren, sehen wir nur den grauen Nebel-Vorhang.
Nach einer guten Stunde zweigen wir für einen kurzen Umweg ab und erreichen das Restaurant Hinteregg, wo wir gastfreundlich mit Kafi und Nussgipfel verwöhnt werden. Frisch gestärkt wagen wir uns wieder in die kühlfeuchte Luft hinaus. Beim Abmarsch ermahnt uns der Wirt eindringlich und mit lauter Stimme, keinesfalls nach links aufzusteigen. Oben sei ein abgesperrtes Armeegelände. Wir sollen geradeaus über die Weide gehen, bis wir mit dem normalen Weg von unten wieder zusammentreffen.
Diese Warnung hören aber nicht mehr alle, und unsere Gruppe verschwindet etwas verzettelt im dichten Nebel. Trotz einer gewissen Meinungsvielfalt setzt sich schon bald die Auffassung durch, dass wir nach links aufsteigen, denn schliesslich sieht man auf der Karte einen Weg. Auf diesem Weg stehen wir weiter oben vor einem geschlossenen Tor, flankiert von hohem Maschenzaun, oben verstärkt mit dreifachem Stacheldraht.
Kurz entschlossen treten wir die bergseitige Umschreitung des Areals an. Über mehrere hundert Meter tänzeln und hangeln wir in teils abschüssigem Gelände dem Zaun entlang. Alle bewältigen diese Probe der Geländegängigkeit mit Sportlichkeit und Eleganz, besonders unsere drei Kolleginnen.
Bei der breiten Zufahrt zum Armeegelände angekommen, ist festzustellen, dass wir uns nun am Nordabhang des Hällchöpfli befinden, anstatt an der Südflanke, wo der Weg verlaufen würde. Angesichts der etwas fortgeschrittenen Zeit entscheidet Fredi, auf den höchsten Punkt unserer Wanderung, das Hällchöpfli mit 1232 m. ü. M., zu verzichten. Mit ersten Regentropfen in den Haaren ziehen wir es vor, direkt die Gaststätte für das Mittagessen anzusteuern.
So holen wir die Verspätung locker wieder auf und betreten kurz nach zwölf die Schwengimatt. Die Wirtsleute haben ihre Gaststube extra für uns geöffnet: Am einen Tisch servieren sie Raclette, am anderen Tisch ein schmackhaftes Fondue, begleitet von einigen Tropfen Weisswein.
Wohl genährt und guter Stimmung brechen wir um 14 Uhr auf für das letzte Stück der Wanderung. Nach einigen Sonnenstrahlen setzt Regen ein, hört auf, fängt wieder an. So schreiten wir durch den Wald direkt bergab, hie und da unterbrochen von einem Ausrutscher auf dem nassen Laub. Bei einem Zwischenhalt findet die ganze Gruppe wieder zusammen. Irene ermuntert uns mit einem Ragusa für jeden.
Bald sind wir im Tal und kommen nach Oensingen. Im Restaurant Stampfeli können wir uns aussen trocknen und innen befeuchten. Erschrocken stellen einige fest, dass wir verpasst haben, das obligatorische Gruppenfoto aufzunehmen. Locker holen wir das mit einem freundlichen Lächeln in der Bahnhofunterführung nach. Bald darauf bringt uns der wiederum dicht besetzte Schnellzug nach Zürich.
Heute erlebten wir die letzte Wanderung zum Abschluss des 10. Wander-Jahres unter dem Motto „Quer dur d’Schwyz“ QdS, unter der Planung und umsichtigen Leitung von Fredi. Wir haben allen Grund, Fredi für seine abwechslungsreichen Ideen, für die vielen landschaftlichen Erlebnisse und freundschaftlichen Wandertage herzlich zu danken.