Dienstag, 18./19. September Tagesbericht: Hane
Die diesjährige Zweitages-Tour führte uns ins Tessin. Im Juli hatten verheerende Unwetter Erdrutsche verursacht, die einige Seitentäler von der Außenwelt abgeschnitten hatten. Viele Wege und Brücken waren noch immer unpassierbar, und es war schwierig, Unterkünfte und geöffnete Restaurants zu finden. Zu allem Überfluss brachte ein Wintereinbruch vor etwa zwei Wochen Schnee bis auf 1.500 Meter Höhe. Trotz all dieser Widrigkeiten, Fredy, hast du es geschafft, eine überaus attraktive Tour zu organisieren – herzlichen Dank und Glückwunsch!
In Birmensdorf starteten fünf Wanderfreunde, in Zug kamen weitere fünf dazu, und in Arth-Goldau stieß schließlich Annelies als einzige Frau zu uns. Die Tour führte uns in zwei Tagen von der Leventina- ins Maggiatal. Für den ersten Abschnitt von Rodi zum Lago Tremorgio, mit rund 900 Höhenmetern, nutzten wir eine Seilbahn. Glücklicherweise passten nur etwa sechs Personen in die Kabine, sodass unser Kollege, der seine Stöcke im Tal vergessen hatte, noch genug Zeit hatte, nach unten zu telefonieren.
Den traditionellen Morgenkaffee hatten wir bereits in Airolo genossen, sodass wir sofort loswandern konnten. Unser nächstes Ziel war der „Passo Campolungo“. Der gut ausgebaute Weg führte zur Alpe Campolungo, wo sich einige von uns für die kürzere, aber steilere Route entschieden, während der Rest der Gruppe den längeren, dafür sanfteren Aufstieg wählte. Oben am Pass machten wir Mittagspause – bei schönem Wetter, das in exponierten Lagen jedoch etwas windig war.
Doch dann stand uns noch der gefürchtete Abstieg bevor: über 1.000 Höhenmeter hinunter. Ein Helikopter war leider nicht in Sicht, also blieb nur die Devise: Augen zu und durch. Etwa drei Stunden später, 800 Meter tiefer, erreichten wir den Stausee Lago del Sambuco. Glücklicherweise gab es an der Staumauer ein kleines Restaurant mit ausgezeichnetem Espresso für nur 2.50 CHF und feinem Eis. Einem Kollegen ist es gelungen im Restaurant zwei Brillen liegen zu lassen, er hat später gemeint, für das hat man ja Freunde 🙂
Bis nach Fusio waren es dann noch etwa zwei Kilometer und 150 Höhenmeter bergab – ein entspannter Ausklang. Unsere Unterkunft, die „Antica Osteria Dazio“, lag mitten im Dorf. Ein besonderes Gebäude mit verwinkelten Räumen und Treppen, die scheinbar ins Nirgendwo führten. Fredi und Hans teilten sich ein Doppelbett, das einst in der „Annä Bäbi Jowäger“-Verfilmung eine Rolle spielte, und Güx hatte ein reizvolles kleines Zimmer mit einer großen Fensterfront, in das gerade mal ein Bett passte.
Das Abendessen war köstlich, der Wein vorzüglich, und alle haben offenbar bestens geschlafen. Am nächsten Morgen brachen wir um 8:15 Uhr nach Mogno auf, um die Bergkirche von Mario Botta zu besichtigen. Unser etwas gestresster Reiseleiter verkündete jedoch, dass wir nur fünf Minuten Zeit für die Besichtigung hätten – und verschwand dann. Fünf Minuten später trafen wir ihn lachend und „erleichtert“ an der Bushaltestelle wieder. Die Kirche in Mogno, ein architektonisches Meisterwerk gegen das Vergessen, symbolisiert den menschlichen Widerstand gegen den „weißen Tod“.
Für den nächsten Streckenabschnitt bis Giumaglio nahmen wir das Postauto. Dort trafen wir auf Föns der uns auf der restlichen Tour begleitete. Wir überquerten die Maggia auf einer schwindelerregenden Hängebrücke und wanderten dann auf der rechten Flussseite bergab. Der abwechslungsreiche Weg führte vorbei an alten „Schobern“, Rusticos, und sogar einer Mühle. Ein Restaurant, das uns den Weg versperrte, ignorierten wir einfach.
Etwa bei Kilometer 10 änderte sich die Topografie plötzlich: Es ging rund 150 Höhenmeter steil bergauf. Der Abstieg auf den nächsten 300 Metern war jedoch das eigentliche Abenteuer: fast senkrecht 130 Meter hinunter. Zum Glück waren Ketten an den Felswänden befestigt, an denen wir uns festhalten konnten.
Alles ging gut, und eine Viertelstunde später saßen wir im Grotto Valmaggese in Avegno, das René, der ein paar Kilometer mit dem Postauto gefahren war, für uns rekognosziert hatte. Wir wurden dort hervorragend verköstigt, und es war schnell klar, dass wir die letzten vier Kilometer mit dem Postauto zurücklegen würden.
Mit dem Postauto fuhren wir bis Locarno und von dort mit der Bahn durch den seit dem 1. September wieder passierbaren Gotthard-Bahntunnel zurück in heimatliche Gefilde. In Arth Goldau und Zug trennten sich die Wege der Gruppe, Annelies ins Züri Oberland, Hans, Karl und Richard Richtung Zürich.
Eine abwechslungsreiche und sehr schöne Zweitagestour – danke, Fredy!
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